Selbst im Krieg kann man sich dagegen entscheiden jemanden zu verletzen oder umzubringen. Nein, kann man nicht. Jedenfalls nicht zu den Zeiten der Maya. Das Lebens der Menschen zu Zeiten dieser Hochkultur des Südamerikanischen Kontinents war ein reiner Überlebenskampf, bei dem das Motto „survival of the fittest“ noch galt: Töte oder du wirst getötet.
Alles fängt natürlich dennoch sehr harmonisch an, denn das sozialdarwinistische Credo reicht nicht hinein bis in die Institution der Familie. Das Kind überlebt nicht, weil es stark ist, sondern weil es in seiner Schwäche Sympathie erweckt (Kunczik: 2003, S.75). Der Wald und das Dorf darin als kleine soziologische Einheit ist ein paradiesischer Ort, an dem Generationen um Generationen gedeihen. Bis militärisch überlegene Aggressoren kommen. Es wird geprügelt, getötet, vergewaltigt. Krieg in seiner ursprünglichen Form. Aber nicht ganz, denn es werden Gefangene genommen, Männer und Frauen, die nicht zu alt sind und nicht zu jung.
Die Kinder werden zurückgelassen. Sie bilden eine Gruppe, die später mit anderen verlassenen Kindern zusammenkommen. Eine neue durch den Verlust der Eltern verbundene Einheit entsteht.
Die Männer und Frauen des Dorfes werden mitgenommen auf eine Odyssee, die schlussendlich in der unangenehm dicht bevölkerten Stadt der Maya endet. Ein Teil von ihnen wird als Sklave verkauft, die anderen sollen geopfert werden. Wer nicht verkauft wird darf gehen. Zu Füßen der größten Mayapyramide in der Stadt türmen sich die geköpften Leichenberge auf, an ihrer Spitze stehen die obersten Herrscher und führen die zeremonielle Opferung durch. Das Entreißen des Herzens und das Köpfen etlicher blau angemalter entführter Menschen aus dem Umland wird von der tosenden Menge umjubelt, bis eine von den Herrschern wahrscheinlich genau berechnete Sonnenfinsternis eintritt und durch den Priester und Henker mit der Zustimmung des Herrschers als Besänftigung und Legitimation ihres Gottes gedeutet wird. Die durch die Sonnenfinsternis verschonten Gefangenen werden sofort fortgeschafft und wieder ihren Peinigern überlassen. Sie geben ihnen die Chance sich in die Freiheit zu retten, wenn sie es über ein freies Feld und durch ein Maisfeld bis in den Dschungel schaffen. Das Ganze ist ein Spießrutenlauf, bei dem die Kämpfer ihre Fähigkeiten fast vollständig erfolgreich erproben. Bis einer der Gefangenen die offene Ebene, das Maisfeld und die darauf folgende Senke von hunderten von halbverwesten Leichen hinter sich lässt und in den Dschungel flüchtet. Die Verfolgung beginnt, eine Tour de Force den ganzen Weg zurück bis in den heimischen Wald. Mit viel Glück und scheinbar zufällig sich erfüllenden Zeichen einer Prophezeiung gelangt der Flüchtende in den heimischen Wald, wo er sich seinen Gegnern auf bekanntem Terrain stellt und es in fast aussichtslosem Kampf fast allen Gefahren zu entrinnen.
Der Film kulminiert in fast grenzenloser Spannung und genauso grenzenlosem Überlebenswillen. Die uns so entfernt und fremd erscheinende Geschichte wird in einen historischen Zusammenhang eingebettet, der für die Maya die Bewahrheitung einer gefürchteten Prophezeiung bedeuten wird.
Das zu Filmbeginn gezeigte Zitat von W.Durant:
„Eine große Zivilisation kann erst von außen erobert werden, wenn sie sich von innen bereits zerstört hat.“
, zeigt den Weg zu einer möglichen Deutung des Films.
Im Mittelpunkt der Kritik des Films steht die Herrschaftsausübung der gesellschaftlichen Machthaber, die ideologisch und religiös legitimiert ist und mit dieser Legitimation Menschen verschleppt, tötet und vergewaltigt, zu Sklaven und religiösen Opfern macht. Ein System, dass die Grundlage von Gesellschaft, die Familie auf der Seite der Opfer wie der Täter zerstört und korrumpiert. Die Gesellschaft, die einen Teil ihrer Bevölkerung oder fremde Stämme tötet um ihre Macht zu erhalten befindet sich an einem Punkt der inneren Zersetzung. In diesem Kontext vervollständigt die europäische Eroberung des amerikanischen Kontinents nur einen Prozess, der schon viel früher begonnen hat.
Ist darin also ein Versuch der Abschwächung europäisch imperialistischer Anstrengungen zu sehen? Genauso nah liegt der parallele Vergleich der herrschenden Unterdrücker und der europäischen Eroberer.
Sehr interessant an dem Film sind die kulturellen Besonderheiten der Maya zu denen die Sichtweise auf den Tod als Reise, die Erleichterung und Beschleunigung des eigenen Todes durch das Aufschneiden der Pulsadern, die Konstruktion von Angst als Krankheit, der es nicht zu erlegen gilt, und die zentrale Wichtigkeit der Nachkommenszeugung und familiärer Bindungen zählen, genauso wie der Umgang mit Schmerzen, als die Mutter den Sohn nach seiner Zustimmung fragt bevor sie seine schmerzende Wunde versorgt.
Im Großen und Ganzen ein fesselnder Film der einem eine untergegangene Kultur in Verhalten und auch sehr wichtig in ihrer Sprache wiederaufleben lässt, grundlegende Parallelen zur Gleichheit der Menschen zieht, in denen sich auch jeder moderne Zuschauer wiederentdecken kann und einen gnadenlosen Kampf ums Überleben portraitiert. Ein Abschnitt erinnert ein bisschen an „Kevin allein zu Haus“, so absurd das auch klingen mag, aber wer den Film sieht, dem kann es auffallen, und ein Ratgeber für schwangere Frauen und was sie alles auf keinen Fall tun sollten (klettern, tauchen, fallen, …)!
Literaturnachweis:
Kunczik, Michael. „Herbert Spencer.“ Klassiker der Soziologie 1 – Von Auguste Comte bis
Norbert Elias. Kaesler, Dirk (Hrsg). München: C.H. Beck, 2003
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