Mittwoch, 30. Dezember 2009

Gründe für's / gegen's Politisch-Sein

Die beiden Listen haben für Empörung gesorgt. Was steckt nun eigentlich dahinter? Es sollte ein Versuch sein. Wieviele Gründe fallen mir spontan ein? Natürlich habe ich mit der Contra-Seite angefangen, weil ich mich mit dieser in letzter Zeit desöfteren auseinandersetzen musste – ich selbst kann mich damit ja eher weniger identifizieren. Die waren schnell runtergeschrieben, und sind teilweise den Kommentaren entnommen, die ich so im Alltagsleben aufgeschnappt habe. Die Pro-Seite ist eine Auflistung, die nicht aus Alltagskommentaren zusammengesetzt ist, sondern durch eigenes Nachdenken entstanden ist.

Aufgrund der Erhebung der Punkte ist auch gleich ein erster Unterschied der Listen bemerkbar. Während die Contra-Liste die Argumente sehr kurz und knackig formuliert sind die Argumente der Pro-Seite immer mindestens Zweizeiler, oft mit Nebensätzen. Dies war der Anfang einer formalen Analyse, der ich die beiden Listen vor einiger Zeit schon unterzogen habe. Daraus habe ich dann Schlussfolgerungen gezogen, die mir aber schon nachdem ich sie niedergeschrieben hatte, für etwas sehr wagemutig hielt. Fazit war unter Anderem, dass die Argumente der Contra-Liste eher als Entschuldigungen gelten, dass sie auf egoistische Menschen schließen lassen, die sich nicht für ihre Umwelt interessieren. Man kann aber wohl kaum Äußerungen in Gesprächen über ein in der Öffentlichkeit doch recht sensibles Thema wie Politik vergleichen mit Gedanken, die man sich in konzentrierter Arbeit in vertrauter Umgebung macht, insofern wäre ein solcher Vergleich nicht hilfreich.

Sehr interessant wäre eher, wie die Listen anderer Personen aussehen. Aber wie misst man einen Grad des Politisch-Seins? Was bedeutet es politisch zu sein? Und, umso wichtiger: Was wird als Normalzustand angesehen? Nicht-Politisch-Sein oder Politisch-Sein? Wer ist auf der sicheren Seite? Wer kann besser argumentieren, und geht es überhaupt um Argumente?

5 Kommentare:

Jochen hat gesagt…

Der Grund warum ich mich politisch nicht engagiere ist der, dass ich mich als eine unwichtige Minderheit sehe. Eine Minderheit die sich medial nicht politisch gewinnbringend ausschöpfen lässt. Ich bin ein kleiner Computerfreak und eine Repräsentation meiner Minderheit wird zu rein gar nix führen, da die Politik derzeit in die Richtung geht vor allem die großen Massen zu bedienen, weil man mehr Prozente für die Wahl verloren hat als man glaubte. Das ironische daran ist, dass genau das hinterherjagen hinter der großen Masse dieses Phänomen zu verursachen scheint.

Mir fehlt die klare Position der Politiker und den Mut dieser Position zu folgen. Darüber hinaus lassen sich meine Ideale in dieser Welt nicht durchsetzen, in der die Politik massiv durch die Industrie beeinflusst wird. Insbesondere in meinem Fall die Software- und "Kunst"-Industrie, welche mir ein Dorn im Auge ist, deren Einfluss jedoch relativ groß ist.

Selbst eine klare Position zu vertreten führt zu nix. Und damit endet meine politische Teilnahme, an der extremen Unwahrscheinlichkeit eines Erfolgs.

Ja, vielleicht bin ich pessimistisch, aber politisch pass ich nicht in dieses Land, man kann etwas bewegen, wenn man Übereinstimmung mit zumindest einem Teil der politischen Landschaft hat.

Aber mich widert schon das Gehabe der Politiker und politischer Personen an ... und ehrlich gesagt habe ich Sorge, dass ich selbst zu so einem Arschloch werde, wenn ich mich da einbringe.

Dashiva hat gesagt…

Das finde ich mal gut argumentiert. Verständlich. Ich vermutete ja, dass das Unpolitischsein eine Ausrede ist, die Faulheit kaschieren soll, aber man sollte nicht immer davon ausgehen, dass sich Menschen keine Gedanken machen, sondern dass ihr Handeln auch Ergebnis eine Denkprozesses sein kann, der logisch zu einem Schluss geführt hat.

Ich will dem noch hinzufügen, dass es wohl ideal wäre, wenn man gar nicht politisch sein müsste. Denn was ist Politik? In meinen Augen ist sie dazu da, das Zusammenleben zu regeln. Es geht also darum, dass ich in einer Gesellschaft leben kann, ohne Angst vor Mord und Totschlag zu haben und mit der Möglichkeit, ein gutes Leben zu führen und glücklich werden zu können. Natürlich, höchst subjektive Begriffe. Dabei sollte es für einen unpolitischen Menschen dann auch egal sein, ob gerade rot/grün, schwarz/gelb oder sonstwer regiert. Wenn das alltägliche Leben gesichert ist und man glücklich vor sich hin leben kann, dann ist alles gut.
Dieser Zustand kann sich in zwei Richtungen ändern. Entweder lässt der Staat den Bürgern zu viel Platz, sodass sie sehr stark rudern müssen, um sich finanziell über Wasser zu halten, und baut die Schutzmechanismen gegenüber mächtigen Institutionen und Interessen ab. Oder der Einfluss des Staates wird zu groß und die Menschen sind so stark in eine Staatsideologie eingebunden, dass sie sich nicht entfalten können und schnell auf institutionellen Widerstand stoßen. Letzteres bezieht sich auf Staaten wie den Iran. Ersteres könnte man in Deutschland finden.
Das Problem ist, dass zu meinem eigenen Glück auch gehört, dass ich es als ungerecht empfinde, wenn anderen Menschen die Möglichkeit zu ihrem Glück nicht gewährt ist. Ich möchte, dass Menschen die Möglichkeit haben unpolitisch leben zu können. Dafür müssen wir aber zuvor aufstehen und sehr politisch werden, denn solange es nur einer bestimmten Gruppe gut geht, ist dies ein erkauftes Glück auf dem Rücken vieler anderer Menschen.
Je mehr ich über die Probleme der Welt und der in Deutschland nachdenke, desto bewusster wird mir, dass auch ich keine Antworten auf die großen Fragen der näheren und entfernteren Zukunft habe. Überbevölkerung, Armut, unsichere Jobchancen, Wirtschaftskrisen, Krankheiten, etc. Weniger Menschen werden wir jedenfalls nicht plötzlich. Und das Wetter wird sich auch nicht wieder von selbst regulieren. Ist die Menschheit fähig, all das zu überleben, oder ist dies schon der Anfang vom Ende? Solche Fragen machen mich meist sehr unpolitisch, weil mir dann die Welt und ihre Gegenwart als so gewaltig und unmanipulierbar vorkommt, dass ich mich zurückziehe in mein eigenes Glück und es genieße, es auskoste, schöne Momente habe und dafür sorge, dass sie wiederkommen. Kann ich mir mein Glück von einer riesigen rauchenden Schildkröte vermiesen lassen, die unaufhaltsam auf einen Abgrund zuläuft, weil die sie seit langer Zeit nicht anders kann als langsam aber stetig vorwärts zu laufen?
Ich wehre mich dagegen die Menschheit und den Weg, den sie eingeschlagen hat als etwas zu sehen, das ein illusionäres Unterfangen ist, und eine Krankheit für diesen lebendigen Planeten. Ohne hier wie ein Negativstereotyp von oftzitierten "Ökos" zu klingen erscheint es doch als eine Schande, dass wir unseren Planeten und unsere eigene Art so meucheln. Aber vielleicht tun wir dies genau aus dem egoistischen Grund, den ich und viele andere im Kleinen leben, das Streben nach dem eigenen Glück und der Freiheit alles tun zu dürfen, was den anderen nicht unmittelbar schadet und die Grundsätze der eigenen Gesellschaft in frage stellt. Vielleicht bedeutet ebendies Menschsein, dass die Suche nach seinem subjektiven Glück ein zerstörerisches Element werden kann, nämlich wenn der Platz auf dem wir unser Glück suchen so begrenzt ist, wie unser Planet. Jetzt bin ich zwar ganz schön abgeschwiffen, aber ich denke die Grundlage für politisches Handeln muss immer erst die Analyse des eigenen Wesens sein.

Marit hat gesagt…

Lieber Dashiva

erstmal zum Eintrag selbst: Ist dir an meiner Erweiterung der Pro-Liste aufgefallen, dass sie stylistisch eher deiner Contra-Liste entspricht? Ja, das war Kritik an ungleicher Methodik.

Zu den Kommentaren hier: Es wird immer deutlicher, dass eine Auseinandersetzung mit dem Begriff Politik an der Tagesordnung steht. Schreib doch mal einen Blog zum Thema "Was ist Politik? Was hat Politik mit dem Alltag zu tun?" und bitte informier dich vorher und lass die Worte Ergebnis eines Denkprozesses sein. :)
Dann können wir ernsthaft über die frage, ob es gut wäre, wenn man nicht politisch sein müsste, diskutieren.

Marit hat gesagt…

Ey, wieso antwortest du mir nie? Jochen kriegt immer ne Antwort.

Dashiva hat gesagt…

keine Zeit :-P
außerdem bist du mir zu subtil fies...