Donnerstag, 10. Dezember 2009

7 Gründe für's Politisch-Sein:

1. Es liegt in der Verantwortung jeder/s Einzelnen die Welt zu einem besseren Ort* zu machen.

2. In der Demokratie hat man die Möglichkeit seine Stimme zu erheben, das sollte man dann auch tun.

3. Wenn politische Prozesse nicht im Sinne der Menschen eines Landes von statten gehen, dann muss man sich erheben.

4. Als Einzelperson kann man etwas bewirken, wenn andere Einzelpersonen dies auch denken und danach handeln.

5. Ich möchte nicht irgendwann denken, dass ich in die Geschichte hätte eingreifen können, es aber aus Faulheit nicht getan habe.

6. Ich will die wichtigen Fragen der Welt nicht allein den Politikern überlassen, weil ich mich nicht richtig durch sie vertreten fühle.

7. Ich merke, wie die Politik meiner Meinung nach nicht auf die Bedürfnisse der Menschen dieses Staates z.B. nach Bildung und sozialer Gleichstellung eingeht, bzw. diese ignoriert und abstreitet, solange nicht genügend Menschen dazu Stellung beziehen und diese Bedürfnisse in Forderungen umformulieren und offen aussprechen - das macht mich wütend und damit politisch.

Fehlt was? Dann auch hier bitte vervollständigen :-)

*Menschlichkeit, Toleranz, Akzeptanz, friedliche Konfliktkultur, begrenzte Macht für Machthabende

7 Kommentare:

Marit hat gesagt…

8. Demos sind lustig.
9. Ich kann mich profilieren.
10. Ich bin sowieso veganer.
11. Ich bin Teil von etwas, das größer ist als ich, endlich hat mein leeres Leben einen Sinn.
12. Meine Freunde sind alle politisch, und wenn ich nicht mitmache, bin ich uncool.

Frank hat gesagt…

Hallöle,

also, ich möchte da mal ketzerisch nachhaken. No offense, ich mach mir die Gegenrede nicht unbedingt zueigen, aber ein anderer Blickwinkel bzw etwas Provokation ist ja auch mal in Ordnung. :)

Zu 1.: Wo steht das geschrieben? Ist das eine gesellschaftliche Norm? Haben Gesellschaften nicht auch ein paar Jahrtausende überlebt, obwohl es ruchlose Egoisten, Mörder, Ausbeuter und Vergewaltiger gegeben hat? Liegt es im Interesse von Machthabern, ihre Macht zu beschränken? Hey, die Welt bejubelt gerade Barack Obama, weil er es geschafft hat, dem Kongress Verantwortung in Klimarettungsfragen abzuluchsen, ist das in Ordnung? Und was, wenn ICH gar keine Zeit habe, die Welt zu verbessern, weil ich mein Überleben sichern muss?

Zu 2.: Die Vox Populi spricht nicht immer weise. Was, wenn ich den ganzen Tag RTL II schaue und mir meine Eltern beigebracht haben, dass BILD als Informationsmedium reicht? Wäre es nicht besser, wenn PolitikUNbegeisterte - die gibt es eben auch - ihr demokratisch legitimiertes Recht zur Desinteresse wahrnehmen und den Wahlurnen fernblieben? Und wie geht man mit Populismen wie diesem obskuren Minarettverbot per Volkentscheid in der Schweiz um?

Zu 3. und 4.: Politik ist ja eigentlich nie "im Sinne der Menschen", denn verschiedene Menschen haben verschieden gelagerte Interessen. Der eine will die Umwelt schützen, der andere große Autos fahren. der eine will weniger Steuern zahlen, der andere das bedingungslose Grundeinkommen. Und so weiter.
Die Welt ist ja nicht geteilt in "die da oben" und "wir, die Guten". Interessen sind multidimensional. Der Glaube an die die Durchsetzbarkeit der eigenen Interessen wird irgendwann mit gegenteiligen Interessen kollidieren, denn sonst wäre kein politisches Aushandeln nötig, dann herrschte Konsens. Bei den Bildungsprotesten gibt es ja auch immer ein paar BWL-Assis die den Status Quo eigentlich ganz klasse finden.

Zu 5.: Wie kann man denn in die Geschichte eingreifen? Das mag etwas desillusioniert klingen, aber ich habe nicht den Eindruck, dass etwa Demonstrationen großartig inhaltlich wahrgenommen würden. Was auch dadurch verursacht wird, dass Demos fast grundsätzlich einer inhaltlichen Verwässerung ausgesetzt sind. Ich demonstriere gegen die Voratsdatenspeicherung und irgendjemand kommt mit Sicherheit irgendwann und fordert "Freilassung aller politischen Gefangenen" oder die kommunistische Weltrevolution oder sonstewas, womit ich mich nicht identifizieren kann. Das wirkt weder Sinn noch Identität stiftend.

Zu 6.: Da kann ich nix zu sagen, das stimmt ja nun mal in den meisten Fällen. Aber was ist die Alternative zu einer parlamentarischen Demokratie?

Zu 7.: Bildung ist ein Grundrecht und muss wesentlich stärker mit staatlichen Mitteln unterstützt werden, da gebe ich dir recht. Soziale Gleichstellung ist hingegen ein etwas unklarer Begriff, den man auch negativ deuten kann. Aber davon ab: Es ist ja aus der Geschichte heraus ersichtlich, dass Macht beinahe jeden korrumpiert hat. Nur wie kann man sich eine Gesellschaftsordnung vorstellen, in der niemandem ein Mehr an Macht zugebilligt wird, in der sich jeder vertreten fühlt? Ich neige dazu, zu glauben, dass eine Gesellschaftsordnung, in der sich nicht die Interessen des "Stärkeren" durchsetzen, wie auch immer dessen Stärke oder Machtfülle legitimiert sein mag, undenkbar ist.

Dashiva09 hat gesagt…

Ich hege ein zutiefstes Unverständnis gegenüber Menschen, die Parteien wählen, die meiner Meinung nach für die Benachteiligung sozial Schwacher, für Leistungsdenken und für die Ausgrenzung Nichtdeutscher und damit einem Versuch der Abschottung deutscher Kultur stehen.

Dazu kommt bei mir die naive Vorstellung, dass man jede/n davon überzeugen könnte, die Welt zu einem besseren Ort, so wie ich ihn charakterisiert habe, zu machen.

Damit kommt man aber natürlich zu einem wichtigen Punkt: Politisch Sein bedeutet einen Kern der eigenen Interessen zu haben. So verschieden wir alle aufwachsen, so unterschiedlich sind demnach auch unsere Interessen und damit politische Einstellungen. Sie sind aber eben doch nicht so pluralistisch wie man denken könnte. So viele Parteien, die breitflächig gewählt werden, gibt es jetzt auch nicht. Aber es gibt Tendenzen. Und die sind teilweise sehr konservativ.

Wie kann ich aber in einer pluralistischen Gesellschaft sagen, dass meine "bessere Welt" normativen Charakter bekommen soll? Ich kann das sagen, weil ich politisch bin und damit meine Interessen artikuliere. Dies ist aber politisch, weil ich der Meinung bin, dass damit nicht nur meine eigenen Interessen vertreten werden, sondern die aller Menschen, auch konservativer. Damit übernehmen meine Interessen repräsentativen Charakter, ein Merkmal der Demokratie. Klingt arrogant, natürlich. Aber ich stehe ja nicht allein damit da. Ein soziales humanistisches Weltbild wird von vielen Menschen vertreten. Aber haben die alle recht?

Es entstehen schnell Konflikte in einer pluralistischen Gesellschaft. Deswegen haben wir ja die parlamentarische Demokratie, damit diese Konflikte auf politischer Ebene ausgetragen und überhaupt Entscheidungen getroffen werden können. Wie sähe eine Alternative aus?

Sollten politische Entscheidungen vom Volk getroffen werden können? Die Verantwortung läge dann auf jeder/m Einzelnen. Das Schweizer Beispiel bekommt natürlich Kritik: Die Stimme des Volkes in der Schweiz hat sich meiner Meinung nach nicht erhoben. Der Volksentscheid ist dort ganz knapp ausgegangen. Im Endeffekt hat aber nur 1/4 der wahlberechtigten Bevölkerung für das Minarettverbot gestimmt. Die Hälfte der Gesamtheit ist gar nicht abstimmen gegangen. Da muss natürlich ein noch demokratischeres Bewusstsein her. Aber die Kritik steht natürlich trotzdem im Raum. Selbst wenn alle Schweizer wählen gegangen wären und es hätte dasselbe Ergebnis gegeben, stünde auch dann der Volksentscheid in der Mangel.

Dashiva09 hat gesagt…

Teil 2:

Das wirft aber die Frage auf, was "normale" politische Entscheidungen von den direkten Volksentscheidungen unterscheidet.
1. Entscheidungen der Politik stehen in einem Verantwortungskontext. Politik hält sich in den meisten Fällen an das Grundgesetz, sie ist daran gebunden. Das Volk unterliegt dieser Bindung nicht.
2. Politiker haben meist eine sehr gute Bildung genossen, was sie dazu befähigt weltpolitische Zusammenhänge historisch einzuordnen und dadurch bedingt nicht in Fettnäpfchen zu treten, bei denen uns die EU rausschmeißen würde. Es gibt also bestimmte Grundregeln, an die sich die meisten halten. Das Volk hat oft keine sehr gute Bildung genossen und kennt sich damit weder mit freiheitlich-demokratischen Grundregeln aus, noch mit der Funktionsweise von privaten wie öffentlichen Medien.

Volksentscheide bei politischen Entscheidungen einzuführen würde bedeuten, dass jeder wahlberechtigte Bürger und jede wahlberechtigte Bürgerin die volle Verantwortung für das Ergebnis tragen müsste. Weiterhin müssten wir als an der Entscheidung beteiligte bis ins Kleinste informiert sein, über den Entscheidungsgegenstand und müssten ihn historisch und politisch einordnen können.
Eine Gesellschaft, die Volksentscheide durchführt, muss gebildet sein und Verantwortung übernehmen wollen. Die Frage ist berechtigt, ob das in unserer doch teilweise recht verwirrten Konsumgesellschaft möglich ist. Das würde aber weiterhin auch bedeuten, dass andere ihre Macht abgegeben müssten, und wie schwer das ist, kann man oft genug beobachten.

Ich würde hier auch gerne noch darauf eingehen, dass ich denke, dass Volksentscheide besser organisiert werden müssen. Vielleicht reicht ja für eine Entscheidung nicht ein Durchgang. Es könnte ja mehrmals abgestimmt werden, mit Diskussionsphasen dazwischen. Ich würde nicht gern Truppen nach Afghanistan schicken, nachdem alle an einem regnerischen Sonntag und einem Film über die islamische Gefahr an ihrem Rechner für "Ja" abstimmen, ohne alle Seiten gehört zu haben. Sache ist, wir sind alle viel zu ungeübt darin und es wird zu wenig ausprobiert. Ist ja aber auch nicht im Interesse der Bundesrepublik und im Grundgesetz steht darüber auch nichts, das ist ja eher dagegen. Und solange wir so für bessere Bildung kämpfen müssen tut sich da sowieso nichts in der vermeintlichen "Bildungsrepublik" Deutschland.

Ich bin hier nicht auf alle Punkte eingegangen, obwohl ich über vieles nochmal nachdenken sollte, das Demos aber doch was bringen, dessen bin ich mir sicher, und sonst würdest du ja auch nicht hingehen ;-) und ich denke, dass es auch für die Machtfrage und Gesellschaftsordnungen eine Lösung gibt, ich bin da optimistisch, wir brauchen diese Utopien, davon gibt es - wie Prof. Stölting glaub ich mal gesagt hat - mittlerweile zu wenige. Wir können doch nicht resignieren vor einer realistischen Welt. Wenn Menschen sie dazu gemacht haben, dann kann man das doch auch anders machen.

Die beiden "für's/ gegen's Politisch-Sein"-Listen hab ich aber auch gemacht, um mal zu schauen, wie man das so im Alltag begründet hört oder es selbst begründet. Find ich ganz interessant, besonders, weil ich beim Pro nich so viele Gründe angeführt habe und die komischerweise besser ausformuliert waren als die Contra-Gründe. Das muss noch analysiert werden.

P.S.: Punkt 8 bis 12 sind auf jeden Fall auch Begründungen! Weiter so ;-)

Jochen hat gesagt…

Dashiva:
"Ich hege ein zutiefstes Unverständnis gegenüber Menschen, die Parteien wählen, die meiner Meinung nach für die Benachteiligung sozial Schwacher, für Leistungsdenken und für die Ausgrenzung Nichtdeutscher und damit einem Versuch der Abschottung deutscher Kultur stehen."

Ich kann das verstehen, jeder ist sich selbst der Nächste. Nicht jeder teilt die gleichen Ideale wie du. Die meisten sind nicht daran interessiert, dass es allen gut geht. Die meisten interessiert nur, dass es ihnen und ihrer Familie möglichst gut geht. Und da werden halt gewisse vorgeschlagene Wege als sinnvoll erachtet was dann auch zu einem entsprechenden Wahlverhalten führt.

Dass nicht jeder die gleiche Moralvorstellung teilt ist relativ banal. Es sind nur wenig Leute der christlichen Aufopferungsbereitschaft verschrieben, und dann wählt man halt die Partei, die einem mehr Kohle beschert, statt die andere, bei der die Familie wohl etwas kürzer treten müssen könnte.

Jeder soll sich in dem Maße einbringen, wie er es für richtig hält. Der Knackpunkt ist eigentlich die andere Seite. Mir kommt es im Allgemeinen nicht so vor, als würde sich der Politiker dafür interessieren, was der einfache Mann will, sondern nur, mit welchen Parolen man die meisten Wähler locken kann.

Politik geschieht nicht mit Volksentscheiden und Demonstrationen, Politik wird durch Lobbyarbeit gemacht, und darum sind auch die ganzen "Politik-Engagierten" politische Versager, weil sie mit ihren jämmerlichen 100-Mann-Petitionen und -Demonstrationen eine so geringe Minderheit darstellen, dass sie getrost ignoriert werden können.

Meine These ist: du kannst Politik nur beeinflussen, wenn du den Politikern wehtun kannst, wenn sie nicht das tun was du willst.

Wehtun jetzt nicht in physiologischer Weise - wobei das sicher auch wirksam wäre - sondern vielmehr Image- oder Macht-technisch.

Dashiva hat gesagt…

"Die meisten sind nicht daran interessiert, dass es allen gut geht. Die meisten interessiert nur, dass es ihnen und ihrer Familie möglichst gut geht."

Genau das ist es. Und dann denken die sich tolle politische Gründe aus um CDU wählen zu können, damit sie dann ja gerechtfertigt haben, dass sie eigentlich nur ihren eigenen Arsch retten wollen. Aber warum haben die eigentlich so viel Angst davor alles zu verlieren? Weil sie wissen, dass Ihnen der ganze Wohlstand gar nicht zusteht? Da muss man sich natürlich auch an die eigenen Nase fassen. Will ich ne warme Wohnung? Ja. Will ich essen? Ja. Aber brauche ich ein Auto, ein Haus, eine Yacht oder einen Urlaub im Jahr? Die "Was brauche Ich"-Frage ist natürlich auch fies. Aber wie man bei den ganzen Gedanken hier sieht scheint es ja nicht mal die Möglichkeit zu geben, politisch was zu bewegen, warum sollte man da das ganze Eigentum in den Wind schießen? Wem hilft es, wenn man einmal alles spendet, was man hat? Könnte eigentlich doch ner Menge Menschen helfen. Aber so selbstlos ist doch keiner, oder?

Politikern Image- oder Machttechnisch wehtun. Darüber muss ich nochmal nachdenken...

Dashiva hat gesagt…

Warum schreibt eigentlich keiner was zu den Gründen gegen's Politisch-Sein? Ist das so selbstverständlich?