
Wieviel kann eine Beziehung aushalten? Wann ist sie am Ende? Meine Freundin hat sich heute dazu entschieden die ganze Woche bei ihren Freundinnen zu wohnen. Mit einem Lächeln hat sie es gesagt, solche ernsten Nachrichten kann sie nur mit einem Lächeln sagen. Sie ist nicht böse auf mich. Ich bin nicht fremdgegangen oder so. Es geht um weitaus Banaleres, könnte man sagen, aber eigentlich ist es etwas Essentielles. Es geht um Persönlichkeit, um Charaktereigenschaften und das Zusammenleben. Und es geht um Faulheit. Meine Faulheit. Im Haushalt. Das Thema verfolgt uns seit wir zusammengezogen sind, fast zwei Jahre ist das nun her. Bevor ich mit meiner Freundin zusammenlebte war ich Stammgast im „Hotel Mama“. Meine einzige Aufgabe war den Müll wegzubringen, aber nicht mal das habe ich gut gemacht. Mir war klar, dass das nach dem Auszug anders sein würde. Nicht weil mich meine Freundin zum Haushalt zwang, sondern weil ich nicht der Ansicht bin, dass das Frauensache ist. Damit entspreche ich schon mal weder konservativen Stereotypen noch vertrete ich eine Hermannsche prinzipielle Weltanschauung.
Konsequenz daraus ist, dass ich mich durch sie genötigt fühle, wenn sie von mir verlangt eine der Hausarbeiten zu erledigen, zu einem Zeitpunkt, den sie bestimmt. Da hätte ich auch zu hause bleiben können. Ich bin ausgezogen um frei zu sein, nicht um mir sagen zu lassen, wann ich abwaschen soll. Wahrlich sehe ich vollkommen ein, dass eine saubere Wohnung etwas Schönes ist. Ich muss mich nur selbst zur Hausarbeit motivieren, ich muss für mich erkennen, dass es ein Gewinn ist, wenn die Hausarbeit erledigt ist. Natürlich ein Verlust an Zeit, und die ist mir und meinen Hobbys eigentlich sehr wichtig, aber sie in Hausarbeit zu investieren ist nötig. An diesem Punkt bin ich angelangt. Denn auch meine Freundin investiert Zeit. Je weniger ich das tue, desto mehr bleibt an ihr hängen. Doch der innere Schweinehund wurde immer gut gefüttert, und der ist so groß wie er faul ist – mächtig. Meiner Meinung nach habe ich große Fortschritte gemacht im letzten Jahr. Dass es zu der heutigen Entscheidung meiner Freundin gekommen ist beweist, dass meine Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist.
Oder bin gar nicht ich es, der hier das Problem darstellt? Ist es nicht vielleicht meine Freundin, die überempfindlich ist? Soll sie nicht all das machen, was sie für nötig erachtet, gerade weil sie es für nötig erachtet und nicht ich? Ich lasse meinen Schweinehund mit einem Spülschwamm apportieren und er wedelt zufrieden mit dem Schwanz. Meine Freundin hat eine Katze, vielleicht liegt es daran. Die würde so was nie tun. Wie dem auch sei, ich habe nun überraschenderweise eine Woche Zeit mir über meine Einstellung zur Ordnung, zum Chaos und unserer Beziehung zu machen. Ich bin es ihr schuldig, dass ich das auch wirklich tue. Sie vollbringt ein großes Opfer. Sie entledigt sich aller Vorteile eines eigenen Heims. Sie räumt das Feld um mir die Möglichkeit zu geben, mich selbst zu finden. Ich versuche es und fange damit an. Gleich morgen.